
Wir sind auf der Anreise nur sehr schlecht voran gekommen. In Deutschland gibt es viele Baustellen und unendlich viel Verkehr.
So benötigen wir vom Ruhrgebiet bis Bayern bereits einen Tag mehr als geplant und kommen erst am zweiten Tag am Autohof Geiselwind an.
Dort möchten wir uns ein wenig die Zeit vertreiben. Ein Filmteam ist gerade dabei, eine Reportage über Deutschlands größten Autohof zu machen und es dauert nicht lange, bis sie uns entdecken. So wird aus der kurzen Pause eine mehrstündige Dreharbeit zu einem kurzen Bericht, der dann später bei RTL Punkt 12 ausgestrahlt wird. Besonders interessieren sie sich für unser Ziel und die große wasserdichte Tasche auf dem Dach, in der Sachspenden für eine rumänische Hilfsorganisation verstaut sind.
Nachdem wir uns von dem kleinen Produktionsteam verabschiedet haben, fahren wir weiter in Richtung Österreich. Da es nun schon Nachmittag ist, suchen wir uns, nahe der Autobahn, einen kostenlosen Stellplatz und übernachten nochmal, bevor wir die Grenze zu unserem Nachbarland erreichen.
Am nächsten Tag ist es dann endlich soweit. Zwar ist vor dem Grenzübergang laut unseres Navis ein ziemlicher Stau, den wir dann über die Landstraße umfahren, aber die Strecke ist sowieso schöner. In Österreich dann kommen wir zurück auf die Autobahn und können nun endlich richtig Meter machen. Wir kommen so gut voran, dass wir am Nachmittag sogar noch einen kleinen Campingplatz in Ungarn erreichen. Das war sogar schneller als geplant und wir stecken uns das Ziel, schon am nächsten Tag die rumänische Grenze zu überqueren. Der Campingplatz ist eher eine Art Stellplatz im Garten einer kleinen Pension und ist verhältnismäßig teuer für uns, da hier pro Kopf abgerechnet wird. Hier kommen viele Leute hin, die sich in dem nahegelegenen Stadtzentrum die Zähne machen lassen, erfahren wir.
Unsere Zähne sind ok, so verlassen wir den Platz in aller Frühe und erreichen nach einer langen, sehr eintönigen Fahrt durch das Flachland von Ungarn am Nachmittag dann endlich Rumänien. Dann kann die eigentliche Reise ja nun beginnen.
Anfangs fällt es uns mit dem Freistehen ja immer etwas schwer, also gehen wir für die erste Nacht auf einen Campingplatz, der sich Glamping Ananas nennt. Der Platz ist schön gelegen, allerdings steht hier die Hitze. Und außer einem kleinen Pool für die Kinder, ist hier einfach keine Chance auf Abkühlung. Außerdem ist es auch hier wieder relativ teuer. Rumänien soll doch so günstig sein.
Etwas widerwillig zahlen wir unsere Rechnung für die, viel zu kleine und schattenlose Parzelle und machen uns direkt am nächsten Morgen auf Wassersuche. Wir müssen uns unbedingt abkühlen.

Die Flusswanderung in der Cheile Băniței
Die rumänische Sommerhitze ist im Wohnmobil nur schwer zu ertragen. In der Nähe gibt es eine Schlucht namens Cheile Băniței, in der man eine Flusswanderung machen kann. Das ist für uns heute genau das Richtige. Es ist herrlich. Der kühle, ruhige Fluss fließt durch eine märchenhafte Felskulisse, die er sich fast zu einem Tunnel geformt hat. So nah sind die beiden Seiten der Schlucht oben zusammen. Später geht es dann weiter durch einen Wald, wo wir dann, mit den Füßen im Wasser, erstmal ein Picknick machen.
Wir können uns nur schwer losreißen, aber brechen dann doch irgendwann wieder auf und suchen dann anhand von Luftbildern einen Stellplatz, möglichst nah am Wasser. Das gestaltet sich schwieriger, als geahnt. Wir kommen an einer solchen Stelle an. Nicht nur, dass der reißende Fluss wohl nicht so geeignet zum Baden erscheint, es ist auch das Ufer komplett voll mit Müll. Wir können nicht beurteilen, ob es sich hier um die örtliche Müllabladestelle oder um Mitbringsel des Flusses handelt. Während wir überlegen, was wir nun tun sollen, bemerken wir einen Mann, der erst ein paar Meter entfernt unter einem Baum sitzt, dann aber sich direkt neben unser Wohnmobil stellt und uns anstarrt. Wir bieten ihm Essen und Trinken an, was er aber ohne Worte mit einem, fast schon arroganten, halben Kopfschütteln ablehnt. Dabei macht er noch ein kurzes Schnalzgeräusch mit der Zunge.
Wir haben vor unserer Reise viel Kritik geerntet, über die Wahl unseres Reiselandes. Freunde und Familie haben uns abgeraten und versucht, uns mit Horrorgeschichten zu überzeugen, dass wir doch besser ein anderes Ziel wählen. Aber wir haben uns nicht abbringen lassen. Sollen die Schauermärchen denn wirklich schon am zweiten Tag in Erfüllung gehen?
Wir entschließen uns, sicherheitshalber weiter zu fahren. Auf der Abfahrt bemerken wir dann, dass der Mann wohl Schäfer ist. Wahrscheinlich war er einfach neugierig. Also doch kein Schauermärchen. Übrigens haben wir vor der Fahrt die Warnungen ausschließlich von Leuten erhalten, die selbst noch nie in Rumänien waren, also auch nur Gerüchte an uns herangetragen haben. Ob sie wirklich stimmen, dazu später mehr.

Der verlassene Stellplatz
Nach einer kurzen Suche, landen wir dann doch wieder auf einer Art Campingplatz. Dem Stellplatz Alex. Man muss dazu sagen, dass die Plätze sich zwar Campingplatz nennen, aber viel mehr dem ähneln, was wir unter Stellplatz verstehen. Der Platz ist eigentlich ganz schön. Wir verstehen nicht, warum wir hier alleine sind. Auch die Ferienhäuser sind leer. Es dauert eine Weile, bis nach unserem Anruf eine Dame erscheint, die uns einweist und kassiert. Hier zahlen wir nun ein paar Euro für den Stellplatz und nicht pro Kopf. So ist es auch sehr günstig. Im Nachbargarten heult die ganze Zeit, während unseres Aufenthaltes, ein Hund ganz jämmerlich. Wir versuchen über die hohe Mauer irgendwas zu sehen, aber leider ohne Erfolg.
Am nächsten Morgen erreichen wir Sibiu, also Hermannstadt. Hier hat sich der Norbert niedergelassen und kümmert sich um seine Hilfsorganisation. Norbert kommt gebürtig aus Norddeutschland und hat vor rund 30 Jahren die Aktion Menschen in Not in Rumänien ins Leben gerufen. Die großen Taschen auf dem Dach lassen wir dort. Er sortiert es aus und nachmittags treffen wir uns dann in einer kleinen Waldsiedlung etwas außerhalb und können bei der Verteilung der Hilfsgüter dabei sein.

Vorher müssen wir uns aber noch die Zeit etwas vertreiben Norbert rät uns, die Salzseen zu besuchen, was wir gerne tun, denn das Thermometer klettert wieder mal weit über die 30°-Grenze. Vor dem Gelände gibt es einen großen Parkplatz, wo wir ohne Probleme Platz mit unserem Wohnmobil finden. Nach dem kurzen Fußweg erfahren wir dann am Eingang, dass Molly nur mit Maulkorb mit auf das Gelände darf. Immerhin, denken wir, und holen den Beißschutz aus unserem Fahrzeug. Wir haben tatsächlich immer einen Maulkorb dabei, weil wir einige Jahre zuvor, damals noch mit unserem Schäferhund Luna, in Italien einmal nicht auf eine Fähre durften. So verbringen wir den Vormittag in den verschiedenen Tümpeln mit unterschiedlich hohem Salzgehalt. In einigen Seen ist der Salzgehalt so hoch, dass man wie ein Korken im Wasser treibt. Ein Schlammbad gibt es ebenfalls und etliche Restaurants und Imbissbuden, die zwischen den vielen kleinen künstlichen Kratern, des ehemaligen Salzabbaugebiets aufgestellt sind. Das Zentrum bildet ein großer See, der ringsherum mit Sonnenliegen bestückt ist. Das Gelände ist gut besucht, hauptsächlich von Einheimischen, für die es hier wohl so eine Art Freibad zu sein scheint. Natürlichen Schatten gibt es kaum, so ist die Freude um so größer, als wir uns tatsächlich nach einiger Zeit ein Fleckchen Schatten unter einem kleinen Baum erkämpfen können.
Gegen Mittag gehen wir noch etwas Essen, bevor wir uns dann mit Norbert an einer Hauptstraße in Sibiu treffen, um ihm dann in die, etwas außerhalb und nicht einfach zu findende Waldsiedlung zu folgen.
Unsere, aber auch noch andere Sachspenden, füllen Norberts Kastenwagen. Die kleine Siedlung erinnert an einen alten, zerfallenen Bauernhof. Hier leben etliche Familien auf engstem Raum in den wenigen, noch bewohnbaren Räumen. Draussen halten Sie ein paar Tiere zur Selbstversorgung und an der Zufahrt gibt es einen Trinkwasserbrunnen, aus dem das Wasser unaufhörlich sprudelt. Als Abwechslung hat Norbert den Kindern kalten Tee mitgebracht, worüber sie sich rasch stürzen.

Wir verteilen unsere Sachen, die mit viel Freude und funkelnden Augen angenommen werden. Die Jungs stürzen sich über ein paar Fußbälle, die wir ebenfalls im Gepäck hatten und zwei Tretroller. Die Bälle haben auf der langen Fahrt wohl etwas Luft verloren. Lucas zögert nicht lange, holt eine Pumpe aus dem Wohnmobil und pumpt die Bälle rasch auf. Als er den Jungs dann auch noch die Pumpe überlässt, können sie es kaum glauben. Was für eine großartige Erfahrung.
Die erste Nacht in der Wildnis
Nach getaner Arbeit fährt Norbert noch mit uns einen Platz etwas außerhalb von Sibiu an. Er zeigt uns einen abgelegenen, nicht ganz leicht zu erreichenden Ort an einem kleinen Fluss. Es gefällt uns hier so gut, dass wir spontan entscheiden dort zu bleiben und verbringen einen tollen, heißen Nachmittag am und vor allem im Fluss. Wilde Hunde, Schäferhunde mit Schafherde und Kühe, die plötzlich aus dem Wald kommen, teilen sich mit uns das große Terrain.

Am nächsten Morgen können wir uns kaum von dem Ort trennen, aber wir möchten noch den Markt in Sibiu besuchen, was wir dann auch tun, bevor wir dann in die Berge, an den Fuß des Transfăgărășan, fahren. Es handelt sich dabei um eine wunderschöne Gebirgsstraße, auf der man die Karpaten überqueren kann. Da es dort immer relativ gut besucht ist, möchten wir früh morgens starten und sind mit unserer Position in einer guten Ausgangslage. Auch hier gibt es wieder einen Fluss, indem von den Kindern fleißig ein Staudamm gebaut wird.
In aller Frühe brechen wir dann auf und sind bereits vor acht Uhr auf dem Weg nach oben. So soll es noch ein paar Kilometer weiter gehen, bis wir den Balea-See erreichen. Der Weg dorthin führt durch eine traumhafte Bergkulisse über eine gut ausgebaute Straße. Nur die Tunnel machen einen eher veralteten Eindruck. Je näher wir dem See kommen, desto geselliger wird es auf der Route. Am See selbst muss man etwas aufpassen, denn die kostenpflichtigen Parkplätze rufen unterschiedliche Preise auf. Abgesehen davon kann man auch am Straßenrand kostenlos parken, wenn dort etwas frei ist. Wir haben Glück und bekommen einen freien Platz. Die etlichen Shops in Form von Holzbuden sind gerade dabei, ihre Schotten zu öffnen. Als wir aus dem Wohnmobil steigen, werden wir von Rumänen angesprochen, die erstmal ein Selfie mit uns und unserem Wohnmobil machen möchten. Warum, verstehen wir nicht so genau. Wir unternehmen erstmal eine schöne, kleine Wanderung um den See herum und können dort sogar etwas Schnee entdecken. Eine Abfahrt auf der Jacke funktioniert aber nicht wirklich so gut, wie erhofft. Der kleine Bergsee ist kristallklar und eiskalt. Auf dem Rückweg zum Auto sind die Buden dann alle geöffnet und stark besucht. Da es uns hier viel zu touristisch und zu teuer erscheint, verzichten wir auf’s Shoppen und fahren durch den langen Tunnel auf die südliche Seite des Transfăgărășan.

Nun geht es wieder abwärts. Auf einmal taucht vor uns eine Herde Esel auf, die mitten auf der Straße steht und, wie Esel eben so sind, stur dort bleibt. Erst nach dem Wegezoll in Form eines Apfels können wir die Meute an den Straßenrand locken und können dann passieren.
Wie wohl die meisten Rumänienurlauber, wünschen auch wir uns, mal einen Bären in freier Wildbahn zu treffen. Rumänien hat immerhin die höchste Bärendichte Europas. Und viele Berichte erzählen von den Begegnungen mit den braunen Riesen. Plötzlich ertönen laute Sirenen aus unseren Handys, die wir bisher nicht kannten. Das ist der Ton einer rumänischen Warn-SMS. Diese Nachrichten werden tatsächlich an alle Geräte gesendet, die sich in einem bestimmten Gebiet in die Sendemasten eingewählt haben. Also alle Handys im Umkreis der Gefahr bekommen eine Warnung. Dazu braucht man keine App. Das passiert über den gute alten Short-Message-Service (SMS). Der Text ist auf Rumänisch.

Rasch übersetzen wir die Nachricht mit dem Google Übersetzer. Ein Bär ist gesichtet worden. Direkt auf unserer Route. Die Anspannung steigt. Einige Male wiederholt sich die Nachricht. Und nachdem wir die Staumauer des Vidraru-Sees passiert haben, sehen wir hinter einem Tunnel in der Kurve tatsächlich einen Bären sitzen. Ein paar Meter entfernt bleiben wir stehen. Wir schauen den Bären an. Er schaut zurück. Die anderen Autofahrer, die ebenfalls anhalten, schaut er auch an. Er sitzt einfach da und schaut, in der Hoffnung, dass einer der Passanten etwas essbares hinaus wirft. Nach ein paar Augenblicken fahren wir weiter. Im weiteren Verlauf der Landstraße kommt plötzlich ein weiterer Bär aus dem Wald und läuft uns auf dem grünstreifen entgegen, schaut uns kurz an und setzt seinen Weg fort.

Wir haben also die ersten Bären gesehen. Einigermaßen zufrieden, auch wenn der erste Bär wahrscheinlich nicht mitgezählt werden sollte, setzen wir den Weg fort. Nach einer Rast an dem Fluss Argeș in dem kleinen Ort Corbeni fahren wir noch einige Kilometer ohne einen nennenswerten Übernachtungsplatz zu finden. So wird es fast schon dunkel, als wir direkt in Sichtweite der Landstraße auf einer Schotterstraße zum Übernachten parken. Als reiner Zwischenstopp in Ordnung. Aber direkt in der Frühe geht es dann wieder weiter in die Berge in Richtung Berca.
Die Schlammvulkane von Berca

Wir möchten die Schlammvulkane besichtigen. Einen guten Ausgangspunkt bietet der Campingplatz Muddy. Von dort aus führt ein Weg direkt zu den Schlammfeldern. Nach einer kurzen Wanderung erreicht man den Eingang des Reservats. Dort sitzt ein älterer Herr, der ein paar Euro für den Eintritt kassiert und eine kurze Einweisung gibt, wie man sich verhalten soll. Es ist heute wahnsinnig heiß. Es fühlt sich in dieser wüstenartigen Landschaft an wie in der Sahara. Überall blubbert es aus den schlammigen Pfützen. Bei den Temperaturen halten wir es nicht lange aus und marschieren bald den Hügel wieder herunter zum Campingplatz. Dort gönnen wir uns in dem hauseigenen Restaurant erstmal ein deftigen Essen. Der lustige Wirt, der zugleich auch der Inhaber des Campingplatzes ist, unterhält uns dabei auch noch sehr gut. Als wir mit dem Essen fertig sind, beschäftigen die Kinder sich mit einem Kartenspiel, während wir im Wohnmobil einen defekten Schrank reparieren. Durch die vielen Schlaglöcher auf der Fahrt zu dem Campingplatz, ist die komplette Tür, inkl Rahmen von unserem Vorratsschrank abgefallen. Wir haben etwas Werkzeug und Leim dabei, so ist die Reparatur schnell erledigt und wir können nun den Abend unter einem kleinen, schattenspendenden Baum ausklingen lassen. Der kleine Campingplatz ist schön angelegt. Es gibt Toiletten, Duschen, einen kleinen Shop, überdachte Sitzgelegenheiten und das Restaurant. Die Wohnwagen und Wohnmobile stehen auf einer großen Wiese, umgeben von einer grünen Hügellandschaft.
Die Burgruine von Rupea

Nach einer erholsamen und ruhigen Nacht, poltern wir die schlechte Straße zurück zur Hauptstraße und begeben uns in Richtung Braşov, dem Ort, wo das Dracula-Schloss steht. Wir umfahren den Ort, denn wir haben bereits vor der Reise beschlossen, dass wir uns den Besuch dieses Touristenmagneten sparen. Wir möchten mehr von der Natur und den Menschen Rumäniens entdecken. Also führt uns der Weg in Richtung Norden, auf die siebenbürgische Ebene, die von den sichelförmigen Karpaten im Osten und Süden begrenzt wird. Inmitten des Inlandes erinnert uns die Gegend an die Toskana. Saftig Grüne Hügel schmücken unseren Weg, der sich sanft hindurch schlängelt. Hier und da durchfahren wir ein Dorf, in denen oft mehr Störche als menschliche Einwohner zu geben scheint. Die großen Nester der großen Vögel zieren jeden Strom und Telefonmast der Region innerhalb der Ortschaften. In der Ferne taucht dann, auf einem der vielen Hügel, die große Burg von Rupea auf. Wir kämpfen uns die steile Anfahrt hinauf zu dem kleinen Parkplatz direkt vor der Burgmauer. Vor der Burg gibt es zwei kleine Souvenirläden und ein Kassenhäuschen. Für einige rumänische Lei gewährt man uns Einlass durch die dicken Gemäuer. Es gibt einige gut intakte Gebäude auf der großzügigen Burg. Enge und steile Treppen führen hinauf auf den Gipfel des Innenhofs, auf dem sich eine Art Speisesaal befindet. Durch die dicken Mauern ist es schön kühl im Innenraum, so setzen wir uns für eine Weile an den großen, rustikalen Echtholztisch. Am Ausgang befindet sich ein Trinkwasserbrunnen, aus dem man direkt, wie aus einem Wasserspender, trinken kann. Vor der steilen Abfahrt, werden dann noch ein paar Souvenirs erbeutet.
Eine Reise in die Vergangenheit

Unser nächstes Ziel ist Viscri, was bei uns besser bekannt ist, als Deutsch-Weißkirch. Die sengende Mittagssonne heizt uns schon wider ordentlich ein. So machen wir wieder mal einen längeren Zwischenstopp an einem kleinen Fluss, um uns abzukühlen. Viscri ist ein altes Dorf, das ursprünglich von Siebenbürger-Sachsen gegründet wurde und gilt als Unesco-Weltkulturerbe. Kurz vor dem Ort hört die Straße auf und geht in eine, mit tiefen Schlaglöchern übersäte Schotterpiste über. Nach ein paar Metern erscheinen die ersten Häuser an beiden Seiten des Straßenrands. Im Zentrum gabelt sich die Straße. Wir fahren die Hauptstraße hinauf, direkt bis vor ein kleines Restaurant. Dort wird erstmal günstig, aber fürstlich, gespeist. Wir wollen uns gerade zu einem Spaziergang durch das Dorf aufmachen, als wir von einem Jungen auf deutsch angesprochen werden. Hartwig ist 13 Jahre alt und wohnt die eine Hälfte des Jahres in Viscri und die andere Hälfte in Österreich, wo er auch eigentlich her kommt, was man auch an seinem Dialekt deutlich hören kann. Er hat Freude daran, uns in dem Ort alles zu zeigen. Wir sind glücklich, dass wir einen einheimischen Reiseführer gefunden haben und folgen ihm für mehrere Stunden überall hin. Er bringt uns zu Martin, wo wir frischen Honig kaufen, und zu einem kleinen Shop, wo die Kinder sich ein Eis kaufen. Wir sehen den alten, verlassenen Spielplatz mit dazugehörigem Jugendhaus. Das Haus von Prinz Charles zeigt er uns ebenfalls. Wer sich jetzt hier eine prunkvolle Villa vorstellt, liegt völlig daneben. Man sieht von außen nur eine blue Mauer mit einem großen Holztor. Es sieht nicht anders aus, als die umliegenden Gebäude. Lediglich ein kleines „Prince of Wales House“- Schild schmückt das urige Tor. Die lange, holprige Schotterstraße, die durch das Dorf führt, ist beidseitig bebaut mit vielen kleinen, direkt aneinander grenzender Bauernhöfen. Die Kühe, Pferde, Schafe, Ziegen und sogar Büffel verbringen den Tag auf einer Weide, außerhalb des Dorfes, alle gemeinsam. So kommen aus jedem Hof ein paar Tiere jeden Tag zu einer großen Herde zusammen. Wenn sie dann am Abend zurückkehrt, ist es ein ordentliches Spektakel. Lediglich ein Mann treibt ganz hinten die riesige Herde an, damit es voran geht. Die Tiere selbst, wissen genau wohin sie gehören. Und so laufen sie gemeinsam bis ins Dorf und verteilen sich dann völlig eigenständig auf die einzelnen Höfe. Die Bauern brauchen nur rechtzeitig die Tore öffnen und Pferd oder Rind kehren gemächlich heim. Und mittendrin sind wir. Vom Ortsrand begleiten wir die Herde bis zurück zu unserem Wohnmobil. Unser kleiner Reiseführer treibt derweil Ziegen auf den Hof eines alten Bauernpaares, die ihm dafür sehr dankbar sind. Wir begleiten ihn nachher noch dorthin, um frische Ziegenmilch und Ziegenkäse dort zu bekommen. Nach der überzeugenden Verkostung schlagen wir ordentlich zu.
Als wir gerade dabei sind, unsere Einkäufe zu bezahlen, ertönt ein Warnsignal aus allen Mobiltelefonen in unserer Umgebung. Wieder eine Warnung per SMS. Ein Bär? Hartwig versichert uns, dass sich im Sommer schon ewig kein Bär mehr in das Dorf verirrt hat, was aber nicht bedeutet, dass es unmöglich ist. Nachdem wir gemeinsam mit der alten Bäuerin die SMS übersetzt haben, ist klar, dass es sich bei der Meldung um eine Unwetterwarnung handelt. Sintflutartiger Regen mit Hagel und starkem Gewitter ist angekündigt. Na toll. Und wir sind im Wohnmobil. Schnell begeben wir uns dorthin, verabschieden uns von unserem netten Reiseführer und suchen das Weite, oder besser: einen Unterschlupf. Gar nicht so einfach, sich mit einem Wohnmobil vor dem Wetter zu verstecken. Hinter uns kommt die schwarze, dicke Wolkenfront immer näher und verdunkelt den blauen Abendhimmel. Wir beobachten das heftige Gewitter bereits durch die Rückspiegel. In Rupea finden wir eine kleine Tankstelle. Der Pächter hat offenbar noch nichts von dem nahenden Unwetter gehört, so zeigen wir ihm die SMS und dürfen uns für die Nacht sogar bei ihm unter das Tankstellendach stellen. Wir haben gerade geparkt, da holt uns das Wetter auch schon ein, und es fängt unaufhaltsam an zu Blitzen und zu Donnern.


Direkt neben der Tankstelle schlägt auf einem kleinen Feld der Blitz ein und das Feld fängt feuer. Zum Glück ist der Regen so stark, dass er die Flammen löschen kann. Das beruhigt uns sehr, wo wir doch bei Feuer nicht so gut unter dem Tankstellendach aufgehoben sind. Durch die dicken Wolken ist es stockdunkel. Als sich nach einer Weile die tornadoartige Gewitterfront weiterschiebt, ist es auch darüber bereits dunkel geworden, so entschließen wir uns, auf der Tankstelle zu nächtigen. Bis auf ein Gerät, was intervallartig immer wieder piept, ist es dann relativ ruhig. In aller Frühe wollen wir aber die Zapfsäulen frei machen und wollen uns verabschieden. Doch in der Tankstelle ist niemand. Als wir den Motor starten, schreckt der Pächter in seinem Auto hoch, was er während des Unwetters vorsichtshalber ebenfalls neben uns unter dem Tankstellendach geparkt hatte. Er hat also auch in seinem Fahrzeug übernachtet. Mit einer kurzen Geste verabschieden uns und schlagen in Richtung Osten ein.
Große Pause am See

Die Karpaten im Blick, folgen wir den Landstraßen, bis wir an den Zetea-See kommen. Dort gibt es ein Hotel mit angrenzendem Campingplatz direkt an dem kleinen Stausee. Hier verbringen wir ein paar Tage, gehen Baden und Kayak fahren. Man kann von dort aus Spaziergänge unternehmen, Volleyball und Federball spielen, angeln und eine Kletterwand gibt es auch. Das Restaurant ist gut und relativ günstig. Direkt neben unserem Stellplatz unter einem kleinen Baum ist ein Trinkwasserbrunnen, aus dem wir fleißig zapfen. Der Zetea-See wird von zwei Flüssen gespeist, die quasi Parallel einfließen und dazwischen eine große Halbinsel bilden, auf die wir direkt gucken können. Gegenüber liegt direkt die Staumauer. Die Gegend ist bis zum Ufer stark bewaldet. Wir überqueren mit den Kayaks den See und finden auf der anderen Seite einen schönen Kiesstrand vor, den wir dann auch ganz für uns alleine haben. So kann der Hund auch ausgiebig mit uns baden und wir verplempern so den Tag. Am Strand steht ein altes, verfallenes Holzboot, was die ganze Situation noch idyllischer macht. Nach der anstrengenden Rückfahrt sind wir froh, dass das große Restaurant, was in einer Art Zelt gebaut ist, nur wenige Meter von unserem Wohnmobil leckere, kräftige Speisen anbietet und so nutzen wir das gerne aus. Die Karte ist nur auf rumänisch. Und da die bewaldeten Hügel um uns herum die mobile Internetverbindung stark einschränkt, funktioniert unser Übersetzer nicht. Das ist uns egal, denn mittlerweile sollten wir die gängigsten Begriffe doch wohl drauf haben. Unter Supă, also Suppe, gibt es zwei Gerichte. Da die eine Suppe etwas mehr kostet, als die andere, nehmen wir diese, denn das muss die mit Fleisch sein. So war es in den bisherigen Lokalitäten auch. die günstige Suppe muss dann die mit Gemüse sein. Das reicht uns nach der Anstrengung aber nicht. Dazu gibt es natürlich auch noch diverse Hauptgerichte. Die Suppe ist schnell serviert und schmeckt, wie überall in Rumänien, ausgesprochen gut. Es nur verhältnismäßig viel Knoblauch darin. Das Hauptgericht schmeckt erwartungsgerecht gut und wir schlagen uns ordentlich voll an dem großen, runden Tisch, an dem auch locker acht Personen einen Platz finden würden. Nach dem Essen mache ich sicherheitshalber ein Bild von der Speisekarte, um sie oben, im Wi-Fi-Netz des Hotels mal zu übersetzen, falls wir nochmal dort speisen möchten. Als dann auffällt, was das für eine Suppe war, sind wir kurz geschockt. Das war Pansen in der Suppe und nicht, wie vermutet, zartes Hähnchenfleisch. Dann hätten wir die rumänische Spiezialität, von der wir bereits hörten, also dann auch probiert. Norbert hatte uns die Suppe bereits empfohlen, aber wir konnten uns bis dahin nicht überwinden. Offensichtlich wirkt die Suppe auch abführend, so dass wir uns noch mehr freuen, dass wir eine richtige Toilette vor Ort haben und hoffen, dass wir bis zur Abfahrt wieder fit sind.
Wir nutzen derweil auch die anderen Angebote, die der Platz zu bieten hat, vor allem die Kinder. Lucas schafft es sogar, die hohe Holzkletterwand bis ganz nach oben zu klettern und erhascht sich so einen einzigartigen Blick über den See. Auf der morgendlichen Hunderunde etwas abseits des Campingplatzes entdeckt Sarah frische, riesige Bärenspuren, die wir daraufhin ganz abenteuerlich analysieren. Der Bär war in der Nacht oder am frühen Morgen wohl ans Wasser gekommen, gerade einmal ein paar Schritte von unserem Wohnmobil entfernt. Offenbar halten ihn die Wachhunde davon ab, näher ran zu kommen. Davon gibt es ja hier genug. Sie belagern ständig unser Wohnmobil, als hätte Molly sie eingeladen zum spielen. Auch, wenn sie nicht richtig toben, sind sie doch sehr freundlich und geben uns ein sicheres Gefühl.
Nach einigen entspannenden Tagen am See, ruft uns dann doch wieder Straße. Die nahegelegene Bicaz-Schlucht möchten wir, auf dem Weg zum Bicaz-See, durchqueren. Die Route ist wunderschön. Serpentinen schlängeln sich durch Wälder, Berge und Felsformationen. Die enge Straße wird durch etliche Verkaufsstände teils noch weiter eingeengt. Der Fluss, der die enge Schlucht geformt hat, läuft tosend hindurch. Auch wir halten nun an einem der vielen Marktstand und erwerben ein riesiges, wunderschönes, echtes Kuhfell. Wozu wissen wir noch nicht genau, aber es war sehr günstig und ist wunderschön. Das riesige Teil wird noch eben klein gefaltet und dann unter einer unseren Bänke im Wohnmobil verstaut. Nach langer kurvenreicher Fahrt erreichen wir den Bicaz-See. Wie an den meisten Stauseen ist es gar nicht einfach daran zu kommen, weil das Ufer meist stark abfällt. Als wir den See schon fast umfahren haben, bekommen wir schon wieder eine Unwetterwarnung. Glücklicherweise sind wir gerade auf der Nordseite des Sees, etwas unterhalb von Hangu, wo ein kleiner, wilder Fluss die Landstraße kreuzt. Unter der Brücke finden wir unter einem der Bögen Unterschlupf. Wir sehen zwar die dicken, schwarzen Wolken des Unwetters, es zieht aber an uns vorbei.
Als wir schon auf dem Weg nach Borsec sind, halten wir noch kurz am Rand der abschüssigen Serpentinenstraße an einer Stelle, an der man den Bergbach, der uns seit einer Weile begleitet, endlich über einen Weg erreichen kann. Ich nutze die Gelegenheit, um mich abzukühlen und nehme direkt ein ausgiebiges Bad im reissenden Bach. Das Wasser ist zwar eiskalt, aber man gewöhnt sich dran. Frisch gewaschen und abgekühlt geht die Reise dann weiter.
In Borsec suchen wir uns einen Übernachtungsplatz. Laut unserer App gibt es gleich mehrere. Wir entscheiden uns für einen abgelegenen Platz am Ortsrand in einem kleinen Wald. Direkt angrenzend ist ein großes Areal mit toll angelegten Wegen und schöner Aussicht. Wir vertreten uns noch etwas die Beine. Auf einem Schild werden wir vor dem wilden Tieren gewarnt. Wölfe, Bären und Giftschlangen soll es hier geben. Glückwunsch. Als die Dämmerung herein bricht, ziehen wir uns zurück ins Wohnmobil und essen zu Abend und genießen die absolute Stille. Durch ein böses, gefährliches Knurren werden wir mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen. Molly sitzt auf dem Fahrersitz und starrt in die Dunkelheit, während sie diese furchteinflößenden Laute von sich gibt. Wir sehen nichts, beruhigen den Hund und versuchen weiter zu schlafen. Doch einige Minuten später knurrt Molly wieder. Wir schauen wieder nach und entdecken einen Bären, direkt vor unserem Wohnmobil. Wir sind so erstarrt, dass wir uns kaum rühren können. Die Plastikfenster unseres mobilen Heimes halten wohl kaum einem Bären stand. Der große braune Geselle sucht aber dann schnell das Weite und läuft die dunkle Straße herunter, direkt auf eine Laterne zu, was uns wiederum die Möglichkeit gibt ihn nochmal zu bestaunen. So ein großes und wildes Tier in der freien Natur zu sehen, ist schon ein Erlebnis. Bis die Morgendämmerung einsetzt, finden wir kaum mehr Schlaf, so aufgeregt sind wir.
Trotzdem machen wir uns am nächsten Morgen auf zu einem Spaziergang. Laut den aufgestellten großen Tafeln, soll es hier eine Bärenhöhle und eine Eishöhle geben. Wir möchten beides erkunden. Die Bärenhöhle ist eigentlich eher eine kleine enge Schlucht zwischen Meterhohen Felsen in einem bergigen Gebiet. Diese kleine Felsenlandschaft ist sehr schön. Durch die Erlebnisse der letzten Nacht überkommt uns aber ein mulmiges Gefühl. Und als es dann auch noch in den Büschen raschelt und irgendetwas buschiges einen Hang hoch schnellt, kehren wir lieber in Richtung Eishöhle um. Was daran besser sein soll, erschließt sich uns bis heute nicht, aber in dem Moment schien es uns sicherer zu sein. Der Weg führt uns durch einen gut angelegten Weg durch einen dichten Nadelwald. Der Weg wird schmaler zu und schlängelt sich dann am Hang entlang bis zum Eingang der Eishöhle. Dort ist es wirklich kalt und trotz der hohen Temperaturen des Hochsommer ist es hier drin tatsächlich an manchen Stellen vereist. Außer ein paar dicken Spinnen sind wir ganz alleine und treten dann, nach der Höhlenerforschung den Rückweg an. Am Wohnmobil angekommen, entschließen wir uns erstmal rüber zur nahegelegenen Sommerrodelbahn zu fahren und mal etwas weltliches zu unternehmen. Der Spaß ist günstig und nach einigen Wochen Wildnis eine willkommene Abwechslung. Auf der anschließenden Dorfbesichtigung von Borsec kommen wir am Markt vorbei. Dort decken wir uns erstmal mit schönen Fellen ein, die wir prima zu Hause in unserer Essecke gebrauchen können. So günstig kommen wir wohl vorerst nicht daran. Auch die zahlreichen Shops am Wegesrand in der Bicaz-Schlucht und in einigen Dörfern, konnten dort preislich nicht mithalten. Der Ort besticht durch seine schönen, alten Bauten, die entlang der schmalen Straßen an den Hängen vor etlicher Zeit errichtet wurden. Das Zentrum des Arbeitslebens bestimmt wohl das gleichnamige Mineralwasser, das wir schon seit unserer Ankunft in Rumänien kennen. Nachdem leckeren Mittagessen im Biergarten eines Restaurants heisst es dann aber wieder „on the Road again“. Die Straße schlängelt sich westwärts herab, begleitet von einem strömenden Bergbach, der quasi danach ruft, in ihm die weit überfällige Körperhygiene nachzuholen. Nach einiger Zeit für eine alte, holprige Straße durch ihn hindurch, in den gegenüberliegenden, steilen, dichten Wald. Der Weg ist nicht mehr befahrbar, also stellen wir unser Wohnmobil so dicht heran, wie möglich und ich nehme erstmal ein ausgiebiges Bad in der eiskalten, hüfttiefen Strömung.
Wir verlassen die Karpaten und nisten uns für ein paar Tage auf dem „Gut Falkenhof“ ein. Der kleine familiäre Reiterhof liegt am Ortsrand von Șoimușu Mic. Die Region herum ist verziert mit kleinen, leicht bewaldeten Hügeln, in dessen Tal eine kleine Landstraße durch die Ortschaften führt. Das Dorf ist fußläufig zu erreichen und bietet kleine Geschäfte, eine Kirche und eine Bar. Hier ist alles ungarisch. Ein Ort weiter ist es rein rumänisch. Der Bauernhof selbst besteht aus einer großen Reithalle mit einigen Ställen, einem Turnier- und einem Übungsplatz und einem langen, schmalen, alten Stall, der gerade zu mehreren Ferienzimmern ausgebaut wird. Es gibt verschiedene kleine Verschläge um die Reitanlage herum, mit Gehegen, in den Ziegen, Schafe, Schweine, Hühner und Katzen leben. Die netten, riesigen Wachhunde des Hofes sind im Ziegenstall während unseres Aufenthaltes, weil sie sich anscheinend von fremden Hunden gestört fühlen. Zum Schutz unserer Molly sind sie nun also tagsüber separiert.
An unserem ersten Abend bekommen wir ein schönes Mahl serviert. Die frische Nudelsuppe ist sehr köstlich und der gereichte Palinkaschnaps passt perfekt dazu. Klara, die Inhaberin des Reiterhofes, leistet uns Gesellschaft und erzählt uns in perfektem Deutsch einiges über sich und den Hof. Sie ist seit etlichen Jahren mit einem deutschen Unternehmer verheiratet, was ihr Deutschkenntnisse erklärt. Den Hof haben sie liebevoll restauriert und sie selbst sind begeisterte Springreiter. Die fast erwachsenen Töchter sind ebenfalls sehr engagiert. Alle freuen sich schon auf das Turnier, das hier am Wochenende stattfinden soll. Da wir das Ereignis nicht verpassen möchten, auch weil es dort einen echte ungarische Gulaschtopf geben soll, verlängern wir den Aufenthalt direkt noch um einige Tage. Für den nächsten Tag lädt Klara uns auf eine Kutschfahrt ein, um uns das Dorf und die Umgebung zu zeigen. Natürlich nehmen wir das Angebot sehr gerne an.
Den Abend vertreiben wir uns auf dem Hof. Die Kinder sind mit den Katzenbabys und Pferden beschäftigt. Wie immer geht es ziemlich früh ins Bett. Meist reden wir alle zusammen über die Erlebnisse des Tages oder erzählen uns schöne Geschichten. Ab und zu schauen wir auch mal einen Film über unseren Mini-Beamer, der sein Bild auf ein weißes Rollo projiziert. Sehr platzsparend. Das muss es auch sein. Wir sind immerhin einige Wochen mit fünf Leuten auf nur knapp 15m2 unterwegs. Auf dieser Fläche befinden sich 5 Betten, eine Toilette, eine Küche und diverse Schränke. Das eine Doppelbett können wir zum Esstisch umfunktionieren. Außerdem können dort bis zu vier Personen auch während der Fahrt sitzen, zusätzlich zu den beiden Sitzen im Fahrerhaus. Man gewöhnt sich gut an die Enge, und im Sommer ist es auch kein Problem, da man sich die meiste Zeit draussen aufhält.
Nach einer erholsamen, ruhigen Nacht und einem guten Frühstück, helfen wir ein wenig auf die Hof mit. Hier muss nun alles für das große Springreitturnier vorbereitet werden, was in den nächsten Tagen hier stattfindet. Nach getaner Arbeit, kommt dann auch schon eine Kutsche auf den Hof gefahren. Der ältere, schlanke Kutscher zieht mit zwei Pferden einen Karren, der wohl für den Holztransport bestimmt ist. Abenteuer ist ja unser Ding, also sind wir frohen Mutes. Doch das Gespann verschwindet erstmal im hintersten Winkel des Hofes. Vielleicht war es ja nicht für uns. Doch nach einigen Minuten sehen wir die beiden Pferde wieder auf uns zu kommen, jetzt aber mit einer tollen, alten, offenen Kutsche, die an den wilden Westen erinnert. Das ist unser Taxi für den Nachmittag. Nachdem wir uns mit den Pferden ein bisschen bekannt gemacht haben, kommt auch Klara zu uns, mit Hut und Poncho, eben passend zum Ausflug. Wir sitzen auf und hoppeln über den Schotterweg in Richtung Hauptstraße. Langsam bewegen wir uns in Richtung Șoimușu Mic. Aus dieser Perspektive kann man die Eindrücke dieser fremden Landschaft noch besser wahrnehmen. Es ist wie eine Reise in die Vergangenheit. Nicht nur, dass wir mit einem Gespann in die Stadt reisen. Es begegnen uns auch einige Bauern, die mit ihren Kutschen von den Feldern kommen. Vor den meisten Häusern sind die Bewohner des Dorfes beschäftigt und grüßen uns freundlich. Auf dem Weg in das Zentrum des kleinen Ortes erzählt uns Klara, dass einige junge Familien aus den Städten zurück in ihre Heimat gekehrt sind und die Höfe der Vorfahren übernehmen. Die meisten Leute bauen sich, neben die alten Gemäuer des Hofes, neue und schöne Häuser, andere renovieren auch den Altbestand. Jeder nach seinen Mitteln und jeder in seiner Geschwindigkeit. Das erklärt, die vielen heruntergekommenen oder nicht fertiggestellte Bauten. Wir kommen an der Bar vorbei, wo sich die Männer der Dorfgemeinschaft tummeln. Im Lebensmittelgeschäft ein Stück die Straße hinauf, findet man eher die Damen. Wir machen dort Rast und für die Kinder gibt es ein Eis. Der kleine Laden ist privat geführt und bietet alles Notwendige zum Überleben und etwas darüber hinaus. In dem karg eingerichteten Raum ist eine Theke und im Verkaufsraum steht ein Kaffeeautomat, eine Eistruhe und ein paar regale mit Lebensmitteln. Alle sind, wie immer, sehr freundlich. Unser nächster Halt ist die örtliche, unitarische Kirche. Das alte weiße Gebäude befindet sich auf einem Eckgrundstück, umrandet von einer hohen weißen Mauer. Auf dem uneinsehbaren Gelände spielen einige Kinder, die dort zur Ferienbetreuung untergebracht sind. Der Pfarrer empfängt uns freundlich und zeigt uns das einfache Gotteshaus und erzählt uns begeistert von der Geschichte der kirche auf Rumänisch, während Klara für uns ins Deutsche übersetzt. Er erklärt, dass in vergangener Zeit die reichen Familien ihren festen Platz in der kirche hatten. Auf deren Bänke wurden sogar die Familienwappen aufgemalt. Wir verbringen einige Zeit dort und können uns alles in Ruhe ansehen, bevor wir uns wieder in unsere Kutsche begeben. Von den beiden Zugpferden hat übrigens eines einen rumänischen, und das andere einen ungarischen Namen. Sie ziehen uns weiter um das Dorf, das man auf seinen zwei Hauptstraßen im Prinzip umkreisen kann. Wir halten vor einem Bauernhof. Hier soll es junge Kälber geben, die wir uns ansehen können. Klara verschwindet für einen Moment im Innenhof, während wir noch auf der Kutsche warten. Dann taucht sie auf und holt uns herein. Wir betreten den Stall und erblicken dort zwei kleine Kälbchen, die sofort anfangen an unseren Fingern zu nuckeln, wenn wir sie streicheln. Im Verschlag nebenan wälzt sich noch ein riesiges Schwein, was angeblich über dreihundert Kilo wiegen soll. Als es uns erblickt, rafft es sich auf und kommt uns begrüßen. Sogar die Tiere sind hier freundlich. Auf der weiteren Kutschfahrt durch den Ort begegnen wir immer wieder anderen Kutschen, die für die alltägliche Arbeit genutzt werden. Nach einem Zwischenstopp an einem Pflaumenbaum erreichen wir, bereits kurz vor dem Ende der Rundfahrt, Nahe dem Ortseingang einen kleinen Bauernhof. Klare geht auch hier wieder hinein und ruft nach der Besitzerin, die wenig später aufgefunden ist. Wir können eintreten. Noch wissen wir nicht genau, was uns erwartet. In dem kleinen Innenhof befindet sich ein kleiner Käfig mit Küken. Durch ein Tor erreichen wir die Rückseite des Gehöfts und betreten einen kleinen Raum, in dem zwei Kübel und einige Fässer stehen. Klara erklärt uns, dass hier traditionell und auch ganz offiziell Palinka gebrannt wird. Der Palinka dort wird sogar zweimal gebrannt. Dementsprechend schlägt er auch ein. Wir sind nur froh, dass wir nach der Verköstigung die Kutsche nicht selbst fahren müssen. Wir nehmen natürlich etwas mit.
Zurück auf Klaras Reiterhof braut sich ein ordentliches Gewitter zusammen. Da haben wir mächtig Glück gehabt. Wenig später geht es ordentlich zur Sache. Es blitzt und donnert, während wir, auf Wunsch der Kinder, Tik-Tok-Würstchen zubereiten und verzehren. Die rohen Spaghetti werden da einfach in Bockwürstchen-Stücke gesteckt und gekocht. Nicht nahrhaft aber lecker und so sind alle zufrieden, als sich das Wetter wieder beruhigt und der Himmel aufklart.
So können wir am nächsten Tag bei bestem Wetter in der rumänischen Hitze das Reitturnier beobachten. Klaras Töchter räumen voll ab. Das Turnier ist toll organisiert und es wird echtes ungarisches Gulasch aus einem riesigen Topf serviert. Wir sind froh, dass wir dabei sein durften.
Aber irgendwann müssen wir uns von diesem tollen fleckchen Erde nunmal losreißen. Also brechen wir auf. Nächster Halt ist Schäßburg. Normalerweise meiden wir ja Städte, aber hier haben wir uns überzeugen lassen und besichtigen so die imposante Altstadt. Hier gibt es wirklich hinter jeder Ecke was zu sehen. Nach dem Aufstieg durch die engen, alten Gänge passieren wir die alten Gemäuer zum Inneren des Geländes. Viele Bars und Geschäfte zieren die Passagen bis hin zum hiesigen Gymnasium, wo die bekannte alte 176-stufige Holztreppe die Schüler noch immer hinauf führt. Der Ort hat ein schönes Flair. Nach der Ortsbegehung gibt es noch ein Eis, bevor wir zu unserem Reisegefährt zurückkommen, was wir mitten im Zentrum auf einem Schotterparkplatz abstellten.
Nach der Stadt ist vor der Natur. So führt es uns wieder raus in die Wildnis. Auf dem Nachhauseweg möchten wir noch durch das Apusenigebirge. So finden wir in der Nähe der Scărișoara-Höhle einen tollen Übernachtungsplatz mitten im Wald am Rande der kleinen Bergstraße. Die Nacht ist sehr ruhig, abgesehen von einem nicht-identifizierten Besucher. Also irgendwas ist ums Wohnmobil geschlichen. Molly hat das natürlich sofort gemeldet. Wir konnten aber nichts sehen, weil dort keine Laternen oder ähnliches waren.
Die Eishöhle, die wir direkt am nächsten Morgen besichtigen, hatte leider im Vorfeld etwas mehr versprochen, als sie tatsächlich wert war. Es ist in der Tat interessant, dass im Hochsommer, bei Außentemperaturen von über 30 Grad, ein Abstieg von knapp 50m ins ewige Eis führt. Aber die lange Wartezeiten für ein geführtes und überlaufenes Erlebnis haben sich für uns eigentlich nicht gelohnt. So reisen wir gemütlich weiter durch die Berge und genießen die tolle Landschaft, halten immer wieder an und vertreiben uns so die letzten Tage. Zwischendurch bekommen wir immer die Gelegenheit unsere Wasservorräte an einer der unzähligen Quellen, die uns ständig am Wegesrand begegnen aufzufüllen. Wir bekommen tiefere Eindrücke in die rumänische Arbeitsweisen und werden von Rindern auf der Straße blockiert. Die Gegend scheint ziemlich ursprünglich zu sein und gefällt uns außerordentlich gut. Irgendwann erreichen wir dann die Cheile Turzii, die riesige Schlucht inmitten des Massivs, die uns bereits bei der Anfahrt aus großer Entfernung auffällt. Da es schon auf den Abend zugeht, entschließen wir uns die Schlucht am nächsten morgen erst zu erkunden. Wir finden auch hier wieder eine tolle Stelle für unsere Übernachtung direkt an dem kleinen Fluss Hășdate, der sich ein kleines Stück die große Schlucht geformt hat, die wir am nächsten Tag kennenlernen wollen. Hier können wir uns noch etwas abkühlen.
Früh am morgen geht es dann los in die Schlucht. Über alte Stege und Brücken kreuzen wir mehrfach den kleinen Fluss und hangeln uns an steilen Felsen entlang der Schlucht. Ab und zu kommen kleine Plätze direkt am Wasser, wo wir dann ausruhen und picknicken können. Nach einer Weile beschließen wir umzukehren, da es nur den einen Weg gibt und wir ja auch noch zurück müssen. Auf dem Rückweg nehmen wir dann noch die Fledermaushöhle mit, deren Bewohner wir aber leider nicht zu Gesicht bekommen. Wenn man weiß, dass in der Region einige Bären ihr unwesen treiben ist das Betreten einer Höhle aber auch ohne Fledermäuse etwas aufregend.
Zurück am Parkplatz haben die ersten Shops bereits geöffnet und wir besorgen noch ein paar Andenken und Mitbringsel, bevor es dann weitergeht. Und bevor es dann tatsächlich weitergeht, müssen wir mal wieder unsere Luftfederung aufpumpen, die seit einigen Tagen immer Luft zu verlieren scheint. Unser 12V-Kompressor tut gute Dienste und so können wir nach ein paar Minuten wieder weiter fahren. Unser letztes rumänisches Ziel soll der Beliș-Fântânele sein, ein Stausee im Apusenigebirge. Dort können wir nochmal direkt am See stehen, schwimmen gehen und treffen abends nette Leute, die mit uns campen und uns gleich auch nochmal Werkzeug leihen können. Die Liste wird immer Länger. Anscheinend setzen die teils schlechten Straßen unserem Oldie ordentlich zu, denn es sind hauptsächlich Sachen, die sich losrütteln, vom Beifahrersitz bis zur Toilettentür. Die Luftfederung verliert auch immer mehr Luft. So gibt es immer etwas zu tun und schließlich können wir uns ja nach getaner Arbeit im See abkühlen.
Mit diesem tollen Erlebnis am See beenden wir unsere Rumänienrundreise und treten die Lange Heimfahrt an. An der Grenze zu Ungarn gehen wir nochmal lecker rumänisch Essen. An der Grenze passiert dann ein kleines Missgeschick. Nachdem die ungarischen Grenzbeamten unsere Pässe angesehen und zurückgegeben hatten, wollten wir losfahren, aber es rief uns jemand hinterher. Das war der rumänische Beamte im Fenster nebenan, den wir nicht wahrnahmen. Er wollte uns schließlich auch noch kontrollieren. Nachdem wir verstanden hatten worum es geht, ließen wir ihn natürlich herein, aber als Molly ihm zu verstehen gab, dass wir bereits überfüllt sind, legte er den Rückwärtsgang ein und verabschiedete sich. Da hätten wir uns doch fast in den Schengenraum eingeschleust. Bis zur deutschen Grenze ging es dann wie im Flug, bis dann mit der ersten Berührung mit der deutschen Autobahn auch direkt Baustellen und Staus einsetzten. Das hatten wir in den drei anderen Ländern nicht und mussten uns erst wieder daran gewöhnen.
Da der Kompressor bereits während der Fahrt des Öfteren herhalten musste, schauten wir auf einem Rastplatz dann mal doch genauer nach und fanden nach kurzer Zeit auch rasch den Fehler. Eine kleine Plastikmuffe war gebrochen und lies die Luft entweichen. Das konnten wir einfach mit einem Feuerzeug beheben, in dem wir die Muffe wieder schweißten. Danach war es tatsächlich dicht und wir konnten uns durch die Baustellen bis nach Hause kämpfen.
Fazit
Wieder einmal sind wir sehr überrascht, haben sich doch viele unserer Verwandten und Bekannten über unser Reiseziel zerrissen. In Rumänien soll man abgezockt und ausgeraubt werden. Niemand derer, die uns beraten hatten, war selbst schon einmal in Rumänien, so ist es auch kein Wunder, dass es sich hauptsächlich um Mythen handelt. Auf jeden Fall sorgen diese Mythen dafür, dass es in weiten Teilen des Landes nicht überlaufen ist und die Bevölkerung noch nicht von der weißen Invasion der Camper genervt sind. So sind uns alle Menschen äußerst freundlich und herzlich entgegengetreten. Wir haben viele tolle Regionen erkunden können und es gab, außer dem Besuch des Bären, keine beängstigenden Situationen. Auch gab es keine Anzeichen dafür. Und wir waren wirklich, sogar mehr als gewöhnlich, mitten unter den Einheimischen, haben hauptsächlich frei und wild übernachtet und wurden herzlich empfangen und toleriert. Natürlich haben wir uns auch ordentlich benommen.
Landschaftlich haben uns die Berge natürlich am besten Gefallen. Die Karpaten sind toll und die Panoramastraßen eine Reise wert, wobei uns das Apuseni ursprünglicher entgegnete und somit unser Favorit ist, auch wegen den tollen Übernachtungsplätzen an Flüssen und am Beliș-Fântânele-Stausee.
Natürlich haben wir auch die Eindrücke der ärmeren Menschen und Tiere nicht vergessen und bereits kurz nach unserer Ankunft Spenden im Bekanntenkreis zusammengestellt und nach Rumänien geschickt, direkt zum Norbert, bei dem wir wissen, dass jede Spende zu 100% bei den bedürftigen ankommt. Egal ob Zwei- oder Vierbeiner.
Wer auch direkt eine Spende zum Norbert schicken möchte, kann das direkt über seine Facebookgruppe machen:
Wer Infos zu seiner eigenen Reise nach Rumänien sucht, sollte diese Gruppe nicht verpassen:
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